top of page

Entdeckungen in der Natur

Öffentlich·6 Mitglieder

Ein kleines Abenteuer aus dem Garten mit Rettungsaktion

Montag, 15.09.25, 18:19

„Igeli!“, schreie ich, als hätte ich einen Schatz entdeckt, und springe von der Couch. Meine Füße fliegen über den Boden, ich greife mir im Vorbeirennen das Fernglas vom Esstisch. „Igeli, er ist wieder da!“ Mein Herz schlägt so schnell, dass ich kaum noch atmen kann.

 

Seit 2–3 Jahren besucht uns dieser kleine Kerl immer wieder. Ein vertrauter Gast im Garten. Doch die letzten Wochen war er plötzlich verschwunden. Jeden Abend habe ich ins Dunkel gelauscht – vergeblich. Umso größer jetzt die Freude: Er ist zurück! Unser Igeli.

 

Ohne zu zögern greife ich nach dem Katzenfutter. Die Katzen starren mich durch die Scheibe an, empört und beleidigt. „Ihr bekommt später ein Festmahl“, verspreche ich ihnen lachend, während ich nach draußen eile.

 

Da sitzt er. Rund, vertraut, schmatzend über dem Napf. Mein Herz wird warm. Doch plötzlich – Rascheln im Efeu. Ich halte den Atem an. Die Blätter zittern, und eine winzige Schnauze blitzt hervor. Vorsichtig schaut sie nach links, nach rechts. Dann zeigt sich ein Babyigel!

 

Mein Herz springt bis zum Mond und zurück. „Sami!“, rufe ich leise durchs Fenster zu unserem Kater. „Ein Baby!“ Aber Sami quittiert die Sensation nur mit einem unbeeindruckten Mauzen.

Und da begreife ich: Igeli war nicht all die Wochen verschwunden – es ist eine Igelweibchen die ihre Jungen bekommen hat. Ein leises Staunen legt sich in meine Brust.

 

Kaum bringe ich neues Futter, sitzen sie schon zu zweit am Napf, schmatzen synchron wie ein kleines Orchester. Und dann – wieder Rascheln. Noch ein Baby! Ich traue meinen Augen kaum. Zwei kleine Stachelkinder im Gleichklang mit der Mutter. Glück pur.

 

Dienstag, 16.09.25, 19:00

Ein weiteres Rascheln der Blätter, und ein drittes hungriges Kind kommt zur Mama und den Geschwistern.

 

Doch meine Freude kippt, als ich sie genauer betrachte. Eine Verdickung am Körper. Zu groß, zu seltsam, um harmlos zu sein. Später erfahre ich: ein eitriger Abszess. Gefährlich. Vielleicht sogar Lebensgefährlich.

 

Mir wird klar: Wenn diese kleine Familie überleben soll, brauche ich Hilfe. Allein kann ich das nicht schaffen. Ich muss eine Igelstation finden, die sie übernimmt. Sofort beginne ich zu suchen – schreibe Nachrichten, telefoniere, warte ungeduldig auf Antworten. Die erste Station meldet sich am Donnerstag zurück: ausgebucht. Aber sie leiten meine Anfrage weiter. Zweifel nagen. Doch schließlich, am Freitag früh, erreiche ich jemanden – ein freundliches Gespräch, Hoffnung flammt auf.

„Bringen Sie die Mutter mit den Kindern zusammen, dann übernehmen wir.“

 

Die Herausforderung beginnt.

 

Gegen 14:30 verteile ich die Näpfe im Garten, damit jeder ein eigenes Ziel hat und ich mehr Chancen habe, sie zu kriegen. Die Mutter soll als Erste in die Transportbox. Und tatsächlich – gleich marschiert sie aus dem Versteck im Efeu. Zielgerade zum Napf (sie kennt den Geruch des Katzenfutters so gut!). Sie schmatzt. Ich schalte mein Schamgefühl aus, sie beim Essen so hinterhältig überwältigen zu müssen, und gehe auf sie zu. Zack! Sie und das Futter sind in der Box gelandet. Ich entschuldige mich leise und gehe wieder zum Versteck.

 

Es raschelt. Ein Augenblick später folgt das erste Kind. Dann kurz darauf das zweite. Dann das dritte. Alles läuft wie ein Wunder. Ich kann es kaum fassen. Ich schaue den schmatzenden Igelchen zu und muss mit den Tränen kämpfen. Ich wiederhole wie ein Gebet: Du tust das Richtige! Du rettest gerade eine Igelfamilie! Und sie stehen auf der Roten Liste! Sei stolz auf dich.

 

Die Gedanken beflügeln mich. Doch einer fehlt. Der vierte Kleine. Minuten vergehen. Dann eine Stunde. Meine Gedanken rasen. Kommt er noch? Habe ich ihn verloren? Während die Box mit Mutter und Geschwistern schon bereitsteht, sitze ich wie auf glühenden Kohlen.

 

Schweren Herzens brechen mein Mann und ich ohne das vierte Igelbaby kurz vor 17 Uhr zur Igelstation auf.

Angekommen, übergeben wir die kleine Familie. Dankbarkeit und Sorge wirbeln in mir durcheinander. Die Gedanken um den vierten Igel kreisen in meinem Kopf. Kommt er noch? Wir fahren zurück nach Hause. Ich gehe in den Garten. Lausche. Warte. Stille.

Und dann, endlich: Um 19:30 raschelt es erneut im Efeu. Mein Herz springt. Vorsichtig, ganz vorsichtig, schleicht er sich heraus. Unsicher, hungrig. Ich bewege mich wie in Zeitlupe, atme kaum noch, gehe in die Hocke, strecke die Hände aus. Sekunden dehnen sich endlos. Dann – ein Griff, ein stilles Stoßgebet. ICH HAB IHN!

 

„Wir kommen!“, rufe ich atemlos am Telefon. „Der vierte ist da!“

Eine halbe Stunde später ist die Familie wieder vereint – in sicheren Händen. Die Helfer nicken. „Gut, dass Sie sie gebracht haben. Wir kümmern uns um die kleine Igelfamilie.“

 

Was für ein Tag. Freude, Angst, Zweifel, Erleichterung – eine Achterbahn der Gefühle. Ich schließe die Augen und lasse den Tag los. Heute werde ich schlafen. Tief, fest und mit einem Lächeln. Vielleicht träume ich auch von der kleinen mutigen Stachel-Bande.


 

Das schmeckt so gut
Das schmeckt so gut
Zur dritt am Napf
Zur dritt am Napf

Igel Familie entdeckt den Garten

Auf den Transport zur Igelstation warten
Auf den Transport zur Igelstation warten
Der vierte kleiner Igel kommt auch zur seiner Mama
Der vierte kleiner Igel kommt auch zur seiner Mama

26 Ansichten
bottom of page